Wenn die Tage kürzer werden, Kerzenlichter in den Fenstern erscheinen und der Duft von Zimt, Tannengrün und gebrannten Mandeln durch die Straßen zieht, beginnt eine ganz besondere Zeit im Jahr: der Advent. Für viele ist er heute vor allem eine Zeit der Vorfreude auf Weihnachten – doch die Ursprünge des Advents reichen weit zurück und sind geprägt von tiefer spiritueller Bedeutung, alten Bräuchen und kirchlichen Traditionen. In diesem Artikel erfährst du, was Advent wirklich bedeutet, woher er kommt und welche Rituale bis heute überdauert haben.
was bedeutet „Advent“ eigentlich?
Das Wort Advent stammt vom lateinischen „adventus“, was „Ankunft“ bedeutet – gemeint ist die Ankunft Jesu Christi. In der christlichen Tradition ist der Advent eine Zeit der inneren Vorbereitung auf das Hochfest der Geburt Christi am 25. Dezember. Ursprünglich war der Advent auch eine Zeit der Buße, der Stille und der Besinnung.
Der Advent umfasst die vier Sonntage vor Weihnachten. Damit beginnt das Kirchenjahr im Westen der Welt mit dem ersten Adventssonntag – immer zwischen dem 27. November und dem 3. Dezember. Im Gegensatz zum bunten Trubel, den viele mit der Vorweihnachtszeit verbinden, ist der Advent in seiner ursprünglichen Bedeutung eine ernste, feierliche Zeit.
Der historische Ursprung des Advents
Die Wurzeln des Advents reichen bis ins 4. Jahrhundert zurück. In der damaligen Kirche Galliens (heute etwa Frankreich) existierte eine sogenannte „Weihnachtsfastenzeit“, die ähnlich der österlichen Fastenzeit gestaltet war. Sie begann am 11. November, dem Martinstag, und dauerte bis Weihnachten – ganze 40 Tage. Diese Zeit war geprägt von Verzicht, Gebet und Vorbereitung auf das Kommen Christi.
Erst später, etwa im 6. Jahrhundert, wurde der Advent auch in Rom übernommen – jedoch in verkürzter Form mit vier Wochen. Papst Gregor I. (590–604) prägte die Liturgie dieser Zeit wesentlich. Heute feiern katholische, evangelische und orthodoxe Christen Advent – mit leicht unterschiedlichen Ausprägungen.
Die liturgische Bedeutung des Advents
Im Kirchenjahr hat der Advent eine besondere Stellung. Er ist nicht nur der Beginn des neuen liturgischen Jahres, sondern auch eine Zeit der Erwartung in doppelter Hinsicht:
-
Rückblick auf die Geburt Jesu – die Menschwerdung Gottes in Bethlehem.
-
Vorausschau auf das zweite Kommen Christi – das „Jüngste Gericht“, wie es im Neuen Testament beschrieben wird.
Diese doppelte Perspektive verleiht dem Advent Tiefe und Ernsthaftigkeit. Viele der liturgischen Texte und Lieder greifen diese Spannung zwischen Hoffnung und Buße auf.
Bräuche und Symbole im Advent
1. Der Adventskranz
Der Adventskranz ist eines der bekanntesten Symbole der Vorweihnachtszeit. Er wurde im 19. Jahrhundert vom evangelischen Theologen Johann Hinrich Wichern eingeführt, der in einem Hamburger Kinderheim arbeitete. Um den Kindern die Zeit bis Weihnachten zu verdeutlichen, bastelte er einen großen Holzkranz mit 24 Kerzen – für jeden Tag eine.
Heute ist der Kranz meist aus Tannenzweigen gebunden und trägt vier Kerzen – für jeden Adventssonntag eine. Die Kerzen werden nacheinander entzündet und symbolisieren das zunehmende Licht, das mit der Geburt Jesu in die Welt kommt.
2. Der Adventskalender
Ein beliebter Brauch – vor allem bei Kindern. Der Adventskalender wurde im 19. Jahrhundert in Deutschland erfunden und sollte den Kindern das Warten auf das Christkind verkürzen. Ob mit Schokolade, Bildern, Sprüchen oder kleinen Geschenken – der Kalender steigert die Vorfreude und zählt die Tage bis zum Heiligen Abend.
3. Das Rorate-Amt
Das Rorate-Amt ist eine besondere frühmorgendliche Messe im Advent, die im Kerzenschein gefeiert wird. Sie ist der Gottesmutter Maria gewidmet, die im Advent eine zentrale Rolle spielt. „Rorate caeli desuper“ – „Tauet, Himmel, von oben“ – ist der Anfangsvers eines alten Adventsliedes, das diesen Gottesdienst prägt.
4. Adventsfasten und Stille
In der ursprünglichen Tradition war der Advent eine Fastenzeit. Auch wenn heute viele Menschen diese Übung nicht mehr praktizieren, gibt es einen Trend zurück zur „Entschleunigung“: weniger Konsum, mehr Achtsamkeit, bewusste Stille – all das kann Teil eines modernen Advents sein.
5. Lieder und Musik
Adventslieder wie „Es kommt ein Schiff geladen“, „Macht hoch die Tür“ oder „O Heiland, reiß die Himmel auf“ begleiten diese Zeit. Sie drücken die Hoffnung, Sehnsucht und Erwartung der Gläubigen aus – teils mit melancholischem, teils mit freudigem Klang.
Maria im Advent
Die Figur der Maria spielt im Advent eine zentrale Rolle. Sie ist die „Mutter des Herrn“ und verkörpert das erwartungsvolle Warten auf die Geburt ihres Sohnes. Der 8. Dezember – das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis – ist ein besonderer Marientag im Advent. Auch die Anrufung Marias in Liedern und Gebeten ist in dieser Zeit besonders präsent.
Der Kontrast zur heutigen Konsumkultur
Heute wird der Advent vielfach kommerzialisiert: Weihnachtsmärkte, Geschenke, Werbung und Stress bestimmen die Wochen vor Weihnachten. Viele Menschen empfinden diesen Trubel als belastend – gerade deshalb sehnen sich viele nach der ursprünglichen Bedeutung des Advents: Stille, Vorbereitung, inneres Aufräumen.
Die Kirchen rufen dazu auf, dem „heiligen Advent“ wieder Raum zu geben – als Zeit der Einkehr, der Hoffnung und der Zuversicht. Auch im Alltag kann man diesen Gedanken aufgreifen: durch kleine Rituale wie tägliches Innehalten, Kerzen anzünden, Vorlesen oder das Hören von Adventsmusik.
Advent und Familie – Rituale, die verbinden
Gerade Familien können den Advent bewusst gestalten. Rituale geben Halt und schaffen bleibende Erinnerungen. Beispiele:
-
Tägliches Adventskranzanzünden mit Lied und Gebet
-
Gemeinsames Backen von Plätzchen
-
Abendliche Vorlesezeit mit Advents- und Weihnachtsgeschichten
-
Adventskalender gestalten mit Botschaften statt Süßigkeiten
-
Spendenaktionen oder Helfen als gelebte Nächstenliebe
Der Advent als spirituelle Einladung
Der Advent lädt uns ein, nicht nur auf das Weihnachtsfest zuzugehen, sondern auch auf das Wesentliche im Leben: Hoffnung, Liebe, Frieden. Er ruft dazu auf, achtsam mit sich selbst und anderen umzugehen. In einer Zeit der Unruhe und Unsicherheit bietet der Advent einen Ort der Orientierung.
Fazit: Der Advent ist mehr als nur eine Vorweihnachtszeit
Advent ist Erwartung – nicht auf Geschenke, sondern auf eine tiefere Wirklichkeit: die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Die Zeit vor Weihnachten ist reich an Symbolik, Geschichte und spirituellem Gehalt. Wer sich auf den Advent wirklich einlässt, erlebt mehr als nur Trubel und Hektik – er findet Ruhe, Sinn und echte Freude.
0 Kommentare